Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 469

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Die Städte damals hatten Einwohner von 10000 bis in die Hunderttausende.[1]

Namentlich in Deutschland ist die Sache oft durch einen Kompromiß abgestumpft worden, in Frankreich und Italien nicht.

Die frühere Theorie leitete die Zunft von Rom ab. Namentlich Gaupp: „Über deutsche Stadtgründung“.[2]

In den letzten Zeiten bestanden auch in Rom äußerlich Handwerkerzünfte. Das waren aber für den Staatsdienst organisierte Körperschaften, aus denen man weder austreten noch ausheiraten konnte.

Jede Spur von den alten römischen Zünften aber verschwand.

Wir leiten die mittelalterlichen Zünfte von der Hofverfassung ab. Ämter von den Handwerkern mit Ministerialen an der Spitze. Diese letzteren erscheinen später als Meister, die Handwerker als Diener, als Gesinde. Sie haben Naturalleistungen zu liefern. Die bleiben auch dann, nachdem die Handwerker sich vom Hof freigemacht haben.

In Regensburg wurde die Zinspflichtung erst 1486 abgeschafft.

Im Hof standen die Handwerker auch unter der Gerichtsbarkeit des Hofes. Dann unter der städtischen Gerichtsbarkeit.

In Deutschland vollzog sich die Befreiung der Innungen am frühesten in Magdeburg und Köln. In Magdeburg schon 1147.

1202 gestattete der Erzbischof eine Schilderinnung, etwa um dieselbe Zeit auch eine Schneiderzunft usw. Jede Zunft mußte also ihre Freiheit allein für sich erringen.

In Köln haben sich die Ämter, das heißt die Innungen, schon im 12. Jh. befreit.

In Basel erst Mitte des 13. Jh., am frühesten die Kürschner.

Wie verhielt sich zu dieser Bewegung die kaiserliche Macht in Deutschland?

Auch hier zweideutig und eigentlich gegen die aufstrebenden Zünfte. Die Kaiser verboten wiederholt die Organisationen der Handwerker, so in Worms Heinrich VII

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[1] Siehe Theodor Inama von Sternegg: Die Bevölkerung des Mittelalters und der neueren Zeit bis Ende des 18. Jahrhunderts. In: Handwörterbuch der Staatswissenschaften. Hrsg. von J. Conrad u. a. Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage. Zweiter Band, Jena 1909, S. 886 f., wo keine Stadt mit 100000 angeführt ist:

Freiburg i. Br 1444 5200 Einwohner
Nürnberg 1449 20165
Straßburg i. E. 1473/77 20722
Frankfurt/M. 1387 10000
Heidelberg 1439 5200
Leipzig 1474 4000
Lübeck Ende 14. Jh. 22300
Rostock 1387 10785
Ulm 1427 20000
Würzburg 1538 12000
Hamburg 1419 22000
Danzig 1415 40000
Köln ist nicht aufgeführt.

[2] Ernst Theodor Gaupp: Ueber Deutsche Städtegründung, Stadtverfassung und Weichbild im Mittelalter, besonders über die Verfassung von Freiburg im Breisgau verglichen mit der Verfassung von Cöln, Jena 1824.