Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 465

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Außerdem hatten die Hörigen in der Stadt Aussicht, Eigentum durch eine freie Arbeit zu erwerben, entweder durch Handwerk oder Arbeit bei den Kaufleuten.

Deshalb wurden die Städte zu kolossalen Anziehungspunkten für das umgebende flache Land. Es beginnt ein sehr starker Zustrom. Die Mauern müssen mehrfach weiter auseinander gebaut werden.

Ein Wachstum der Stadt, damit auch ein Wachstum des Handwerks, des Handels usw. und die Erweiterung der politischen Rechte.

Die Erwerbung der Freiheit vom Hofrecht war also auch ausschlaggebend für die Hörigen.

Nun beginnt der Kampf der Handwerker gegen die Geschlechter. Die meisten Hörigen vom flachen Lande gingen natürlich zum Handwerk, nicht zu den Geschlechtern. Dadurch vergrößerten sich die Handwerker zur großen Masse der Bevölkerung in der Stadt. Denn überall, wo die Stadt siegte, endete das mit der Verdrängung des Fronhofes aus der Stadt.

Da Ackerbau und Viehzucht aus der Stadt verdrängt werden, bleiben Handwerk und Handel. Dadurch weitere Differenzierung.

Die Dienstmannen, die sich in der ersten Epoche auf die Seite der Geschlechter geschlagen hatten, werden nunmehr gewissermaßen in eine falsche Lage gestellt. Ökonomisch ist ihre Lage im Schwinden. Sie sind ja die Vertreter der Landwirtschaft.

Bei den Geschlechtern auch immer mehr das Übertreten zum Kaufmannsstand oder Rücktritt aus der Stadt in die Dörfer.

Nachdem das Handwerk nunmehr die Geschlechter geschlagen hat, ist …[sic!] vollzogen. Die Geschlechter zogen sich aus den Städten zurück. Und zum Schluß der Epoche im 14. und 15. Jh. sehen wir als herrschende Masse in der Stadt das Handwerk. Das ist der Abschluß der städtischen Entwicklung, ausgegangen vom Hofrecht.

Die Innungen waren die Organisation der Handwerker im Kampfe um die politischen Rechte. Die Innungen hießen Zünfte, sobald sie sich vom Hofrecht freigemacht hatten.

In der zweiten Epoche werden wir also sehen: Die Zünfte kämpfen mit den Geschlechtern um den Stadtrat. Die Zünfte werden die Organisation sein, die den Stadtrat in die Hand bekommen. Im 12. und 13. Jh. besetzen die Geschlechter den Stadtrat, im 14. und 15. Jh. die Zünfte. Das sind zwei klare Abschnitte in der Geschichte. Historisch aber verflechten sich diese beiden Abschnitte ineinander. Dafür ein paar Beispiele.

Straßburg. Dort beginnt der Kampf mit dem Bischof im Anfang des 10. Jh. um das Stadtrecht. Schon 906 bricht der Kampf aus. Straßburg war eine ehemalige römische Stadt, wo die Traditionen des Handels rasch aufgeblüht sind. Dieser Kampf dauerte von 906–1100. Und nochmals, im Anfange des 13. Jh., beginnt der Kampf von neuem, weil der Bischof immer wieder Übergriffe macht. Erst in den Jahren

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