Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 463

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Das Hofrecht war die Organisation, die auf höhere Bedürfnisse zugeschnitten war und deshalb die Produkte auf eine höhere Stufe hob. Man braucht nur die Mark mit dem Hof Karls d. Gr. zu vergleichen, dann sieht man die Fortschritte des Fronhofes gegenüber der Mark.

Die Handwerker sind zu ihrer Technik durch das Hofrecht gekommen. Aber die Verhältnisse wachsen dem Hofrecht über den Kopf. Das Handwerk ist der erste Produktionszweig, der dem Hofrecht entwächst, das Hofrecht hört auf, ein fortschrittlicher Faktor der Produktion zu sein, es wird zur Fessel für die Produktion. So auch für das Handwerk.

Nun die zwei anderen Klassen, die Geschlechter-Kaufleute und Dienstmannen, die auch gegen den Fronhof kämpften. Sie retteten alte Vorteile, die sie aus der alten Mark, und neue ökonomische, die sie als Kaufleute hatten. Sie hatten die Stadträte aufgestellt, und die Fronhöfe wollten sich die zu Dienern machen. Da kam der Konflikt. Er brach aus in Zusammenstößen, in denen auf der einen Seite die Geschlechter aus der Mark und auf der anderen die Fronwirtschaft stehen. Die Geschlechter und Dienstmannen führten an, machten Intrigen, aber das eigentliche Kanonenfutter waren die Handwerker. Also auf der einen Seite die Fronwirtschaft, auf der anderen die Geschlechter und die Dienstmannen im Vordergrund und hinter ihnen die Handwerker, die nicht für die Rechte der Stadträte kämpften, sondern für ihre eigenen Forderungen. Das alles zusammen ist die städtische Bevölkerung.

Die Geschlechter wollen den Stadtrat gewählt haben durch die städtische Bevölkerung mit gänzlicher Ausschließung des Hofs, der sich den Vorsitz im Stadtrat aneignen wollte. Die Geschlechter selbst wollten den Stadtrat bilden. Die Handwerker aber kämpften um ihre persönliche Freiheit. Was sie alle zusammenschmolz, war der gemeinsame Feind. Die Geschlechter verfochten gleichzeitig die Freiheiten der Handwerker, um die letzteren für sich zu gewinnen. Die Handwerker konnten erwarten, daß der Stadtrat der Geschlechter ihre persönlichen Freiheiten bestätigte.

(Diese Gruppierung der Kämpfenden erinnert an die große französische Revolution. Das Charakteristische ist: In der großen französischen Revolution sehen wir gegen die alten Feudalmächte den ganzen dritten Stand. An der Spitze die Bourgeoisie, dahinter die Bauern, die Handwerker usw. Nach dem Siege zerfällt das Lager der Verbündeten in natürliche Schichtung von Klassen und Interessen. Die Früchte des Kampfes konnten den Arbeitern noch nicht zufallen.)

Jetzt kommt der Gegensatz zwischen Patriziern und Handwerkern. Das ist die Signatur der Kämpfe des 14. und 15. Jh.

Hauptobjekt der Aufstände…

Daneben noch die Loslösung von dem Hofrecht der Handwerker.

Die Geschlechter versprachen und bestätigten den Handwerkern für ihre Hilfe gegen den gemeinsamen Feind die freie Ausübung des Handwerks.

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