Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 456

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Das allmähliche Aufkommen des

Handels

schafft hier Wandel. Der Handel kommt erst um das 9. und 10. Jh. in Blüte. Weil bei ihnen Naturalwirtschaft vorlag, kam der Handel erst so spät auf.

Es mußte erst eine soziale Differenzierung auftreten: eine Entwöhnung von der eigenen Arbeit und Ausbildung einer höheren Lebensweise.

Nun wurden selbstverständlich alte römische Beziehungen aufgenommen. Wo schon Handelswege bestanden, wurden sie weiter benutzt. Da die römischen Städte, so Köln und andere, schon Handelswege hatten, so wurden diese benutzt. Der Handel strömte in die Städte, weil dort diejenigen saßen, die die höheren Bedürfnisse hatten.

Die Gegenstände des Handels waren Luxuswaren. Sie kamen hauptsächlich aus dem Orient und aus dem Süden, namentlich für Deutschland aus Italien. Ausländische Händler kommen mit der Ware ins Land, wo die Herrschaften sie dann erwerben.

Bei der damaligen Unsicherheit der großen Wege, der Schwierigkeit des Verkehrs war der Handel nicht schnell. Die Händler bringen große Warenmassen, suchen sich unterwegs zu verteidigen, womöglich durch den Schutz der Herrschaften, denen das Land gehört, das sie passieren.

Sie müssen in den Fronhöfen von der Herrschaft Grund und Boden zur Niederlassung zugewiesen bekommen. Dadurch bekamen sie schon die schützende Hand der Herrschaft über sich. Der Händler hat also schon einen Richter, wenn er innerhalb der Stadt bestohlen wird.

Mit einem Wort: Nach den damaligen Verhältnissen gehörte dazu ein bestimmtes Rechts-Grundverhältnis. Der Händler hat ja gar keine Rechte, wenn er sich nicht ansiedelt.

Es bilden sich in den ummauerten Fronhöfen ganze Ansiedlungen fremder Kaufleute. Z. B. in Mainz bewohnten im Jahre 886 friesische Kaufleute den besten Teil der Stadt.

In Lübeck waren bereits im 13. Jh. viele Bürger aus fremden Städten angesiedelt, und auf dem Markt erschienen Normannen, Russen, Schweden, Ruthenen.

In Magdeburg bestand im 10. Jh. schon eine eigene Kirche für die fremden Kaufleute, die die Marktkirche hieß.

In Regensburg bildeten die Kaufleute eine besondere Neustadt, die die Kaufmannsstadt hieß. Sie hatte eine Welschstraße. Ein Teil heißt Römling, das war die Straße der romanischen Kaufleute. Dann gab es ein Judenviertel.

In Worms und Speyer viele Kaufleute aus Friesland, die die Stadt mit Wein, Salz, Pech usw. besuchen.

Woher wurden die Plätze zu diesen Ansiedlungen der Kaufleute genommen?

Vor allem wurden dazu die Allmenden genommen, die ungeteilte Mark.

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