Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 455

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Der erste Anfang nach einer längeren Periode rein landwirtschaftlicher Bearbeitung: Fronhöfe.

Das wäre eine Bestätigung von Arnolds Theorie.

Wer aber befand sich im Fronhof? Wer zählte zur Bevölkerung der ummauerten Stadt?

Vor allem die Herrschaft: die Ministerialen, die Dienstmannen, das ganze Gefolge, dann die Hofhörigen, sowohl die zur persönlichen Bedienung wie die Handwerker. Namentlich aber befanden sich in den meisten solcher Städte, die zu bedeutender Entwicklung gelangt sind, mehrere Gemeinden Altfreier. Sie hatten sich in Schutz begeben unter die gaugräfliche Gewalt, unter die öffentliche Gewalt, haben sich aber zugleich der persönlichen Hörigkeit erwehrt.

In manchen Gegenden Deutschlands haben sich ganze Gemeinden alter freier Märker der Hörigkeit erwehrt, mußten sich aber eine gewisse Schutzherrschaft bei anderen großen Herren gefallen lassen, und daraus entstand: [sic] dort, wo sie nicht [sic] der kleine Landadel, die kleinen Krautjunker.

Wo sie in ein ummauertes Zentrum eines Fronhofes gerieten, bewahrten sie ihre persönliche Freiheit und mußten nur die öffentliche Gewalt anerkennen. Daraus wurden die Patrizier, sobald die städtische Entwicklung begann.

Darin liegt also die Wahrheit sowohl bei Arnold wie bei Maurer, aber nicht bei einem einzelnen von ihnen.

Bei der weiteren Entwicklung dieser Fronhöfe, die zu Städten wurden, hat die Existenz dieser freien Markgenossenschaft die ausschlaggebende Rolle gespielt.

1. Der Fronhof als ein Zentrum des ökonomischen, sozialen und politischen Lebens; eine freie Gemeinde von Altfreien, die die persönliche Freiheit bewahrt haben und das maßgebende Element der nachmaligen städtischen Bevölkerung bildeten.

Zunächst ist nach der Ummauerung die Stadt immer noch ein Dorf. Die vorwiegende Beschäftigung dieser Städte war der Ackerbau innerhalb der Mauer. Er wurde betrieben zum Teil von den Fronhöfen, d. h. von den hörigen Knechten, zum Teil von den freien alten Märkern auf eigene Rechnung. So gab es z. B. in München Bürger, die noch im 16. Jh. persönlich den Ackerbau in der Stadt [be]trieben.

Also Ackerbau und Viehzucht wurden zunächst innerhalb der Stadtmauer betrieben. Und erst nach und nach mit einer später hinzutretenden Entwicklung werden Ackerbau und Viehzucht Schritt für Schritt aus der Stadtmauer hinaus verbannt. Das zeigt auch, daß die römische Tradition erst viel später wieder aufgenommen wurde.

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