Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 454

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kanonisch vorgeschrieben, und deshalb fand die Ummauerung statt. Solche römischen Städte, in denen sowohl königliche Pfalzen wie Bischofssitze von den Germanen angelegt wurden, wurden die größten Reichsstädte. Hingegen die, die sich nicht ummauert hatten, wurden von den Germanen zu Feldgemeinschaften verwandelt. Viele römische Städte sind Dörfer geworden. Z. B. Kempten, Zabern sind römische Städte, die nach langer Dorfzeit erst wieder zu Städten wurden.

Die ersten Anfänge der Ummauerung beginnen schon im 6. Jh., namentlich aber unter Karl d. Gr.

Was wurde ummauert ?

Der herrschaftliche Hof zusammen mit allen dazu gehörigen Gebäuden und die Ländereien, die unmittelbar zum Hof gehörten.

Sie bildeten ein Dorf, wenn sie nicht ummauert waren, und eine Stadt, wenn sie ummauert waren. Das ist der früheste Unterschied.[1]

Frankfurt wurde erst im 9. Jh. ummauert, Zürich im 10., Ulm im 11., Aachen im 12. Jh.

Nicht bloß die königlichen und bischöflichen Villen, sondern auch weltliche und geistliche Reichsfürsten hatten ihre ummauerten Fronhöfe, die zu Städten wurden. So z. B. Heidelberg, wo die Pfalzgrafen am Rhein wohnten und im 12. Jh. eine Burg errichteten. Derselben Herkunft sind wahrscheinlich die meisten brandenburgischen Städte.

Auch kleine Grundherren hatten ihre befestigten Höfe, und daraus ist eine Stadt geworden, z. B. Brakel.

Ebenso bildeten sich häufig geistliche Domstifte, Abteien, Klöster zu Städten aus, wenn sie ummauert waren. So z. B. Münster, desgleichen Bremen, das als Dorf noch von Karl d. Gr. an das Bistum Bremen geschenkt wurde. Hamburg war gleichfalls ein höriges Dorf um das St. Peter Kirchspiel, und die Straßen in Hamburg zeigen jetzt noch, wo die ehemaligen Hörigen ansässig waren: z. B. Bäckerstraße, Schwerdtfegergasse.

Ebenso Hildesheim, Bamberg sind alles ehemalige Dörfer und Fronhöfe der Geistlichkeit.

Aus ummauerten Klöstern entstanden Eichstädt, Buxtehude, St. Gallen, Fulda, Schaffhausen.

Städte anlegen, d. h. die Fronhöfe ummauern durfte nur, wer öffentliche Gewalt und Heerbann hatte.

Das hatten aber nur die freien Grundherren. Z. B. im 9. Jh. hatten schon sämtliche Bischofssitze die gaugräfliche Gewalt. Da hatten sie die Möglichkeit, sich zu Städten auszubilden.

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[1] Siehe Georg Ludwig Maurer: Geschichte der Städteverfassung, S. 13 ff.