Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 449

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Dann das feudale Recht der ersten Nacht.[1] Ein Dokument darüber, gehörig zur Frauenabtei Zürich, die eine geistliche Grundherrschaft war, vom Jahre 1543, also nach der Reformation: „Und so die Hochzeit vergeht, so soll der Bräutigam den Meier (also der Herr hat sein Recht auf den Meier, seinen Beamten, übertragen) bei seinem Weib lassen liegen die erste Nacht, oder er soll sie lösen mit so und so viel Groschen.“ Die Möglichkeit, diese Annehmlichkeit mit ein paar Groschen zu lösen, war ein Fortschritt.

Schutzgeld von den ganz armen Bauern, die gar keinen Hof noch Haus hatten und nur als Gealterte, als Weber(?), als Einsame usw. bei Bauern ein Loch mieteten. Das waren die Inlieger, die ärmsten der Armen. Das Schutzgeld von ihnen wurde abgeleitet davon, daß der Herr ja, wenn sie einmal etwas verbrechen würden, für sie aufkommen müsse.

Schutzgeld der Prostituierten, der Courtisanen. Diese Prostituierten bildeten im Mittelalter Frauenhäuser, waren der Hofgerichtsbarkeit unterworfen. Die Prostitution wurde als ein Handwerk betrachtet, als horizontales Handwerk. Die Prostituierten hießen deshalb höfische Frauen, das heißt unter dem Hofrecht stehende Frauen, hörige Frauen. (Von höfisch ist abgeleitet höflich, im Gegensatz zu bäuerlich.) In den Reichsstädten, in den Städten in Deutschland standen sie unter dem Schutze des Reichserbmarschalls von Pappenheim.[2] In der Familie Pappenheim war dieses Amt erblich. Dafür mußten sie ihm bis 1640 ein Schutzgeld entrichten. Erst dann wurde es abgeschafft.

Der Konsum an Prostitution war im Mittelalter sehr ausgiebig. Während eines Konzils in Basel 1431 haben sich 700–1500 Prostituierte dort versammelt. Sie standen damals unter der Aufsicht des Herzogs von Sachsen.[3]

Ebenso bei öffentlichen politischen Angelegenheiten. Als im Jahre 1394 in Frankfurt ein Reichstag war, kamen 800 Prostituierte dorthin.[4]

In den Landstädten standen die öffentlichen Häuser unter dem Landeshofmarschall. So auch in Wien. Der Hof in Wien bezog also seine Einkünfte aus allen möglichen Quellen, verachtete auch die Abgaben der Prostitution nicht. Erst Ferdinand I. hat dies 1558 in Wien aufgehoben.

Das Jagdrecht stand nur den Herren zu. Verbot der Jagd für die Bauern, Wehrlosigkeit gegen Wildschaden, sie sind noch verpflichtet, Treiberfronden zu leisten.

Eine der wichtigsten Kategorien: Fronden, Arbeitsleistungen. Und zwar Tagesdienste, Wochendienste, auf dem Feld, Hofdienstarbeit am Hofe; dazu gehört in der Küche

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[1] Siehe Karl Schmidt: Jus primae noctis. Eine geschichtliche Untersuchung, Freiburg im Breisgau 1881. Siehe auch August Bebel: Die Frau und der Sozialismus. Fünfzigste Aufl., verbessert, vermehrt und neu bearbeitet. Jubiläumsausgabe, Stuttgart 1910, S. 66 f. – August Bebel: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 10/2. Hrsg. vom IISG Amsterdam. Mit einem Geleitwort von Susanne Miller. Bearbeitet von Anneliese Beske und Eckhard Müller, München/New Providence/London, Paris 1996, S. 292 ff.

[2] Siehe Georg Ludwig von Maurer: Geschichte der Städteverfassung in Deutschland. Dritter Band, Erlangen 1870, S. 112.

[3] Siehe ebenda.

[4] Siehe ebenda, S. 104.