Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 447

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Naturallieferungen. Es gibt förmlich keinen Gegenstand, der nicht von den Hintersassen durch die Gutsherrschaft gefordert wird. Alle Arten Vieh, Geflügel, Milch, Honig und Wachs, Fische. Honig und Wachs namentlich charakteristische Abgaben des Fronverhältnisses. Wachs brauchte die Kirche für Kerzen, Honig zur Speise. Dann Flachs und Hanf, als Lieferungen, die hauptsächlich die Frauen zu leisten hatten, sogar Blutegel mußten die Bauern liefern, dann Getreide, Holz, Wein, allerlei Gerätschaften für Haus und Küche, fertige Wäsche, Handtücher, Leinentücher, fertige Linnen, Pelzwerke, Tuch, Leder, fertige Handschuhe.

Lieferungen an einem Hoftag beim Abt von Corvey in Westfalen.

An dem Hoftag wurden die Abgaben von den Bauern entgegengenommen, Gericht gehalten, und alle Vasallen des Abtes, die ja oft auch Grundbesitzer waren, mußten erscheinen und an der Tafel des Abtes teilnehmen.

An einem solchen Hoftag beim Abt von Corvey 1187 wurden abgegeben:

sechs fette Schweine, ein Milchschwein, eine große Menge von Hühnern, Gänsen, Eiern und Fischen, 30 Käse, darunter vorgeschrieben zwei ganz große Schafskäse, so groß wie ein Weiberhintern oder so groß, daß der Daumen, wenn er in die Mitte gestellt wurde, den Rand erreicht, eine Masse Früchte jeder Art, Salz, Pfeffer, einen Krug Senf, Honig und Bier, 33 Kessel, die zum Kochen gebraucht wurden, 100 Schüsseln, zehn Töpfe, zwei Wein- und zwei andere Gefäße, zwei große Kannen, ein Mörser von Holz, eine Masse von Hafer usw.

Zu einem Hoftag des Erzbischofs von Köln wurden geliefert (ungefähr aus dem 12. Jh.:

24 große und acht mittlere Schweine und an den großen Festtagen noch besonders zwölf mittlere Schweine, 24 Hühner, 230 Eier, 24 Käse, 650 Schüsseln, darunter sicher auch Teller, usw.

Nicht bis zum Schluß des Mittelalters dauerte die Naturalwirtschaft, sondern dann Umwandlung in Zins, in Geldabgaben. Es kommt eben nicht mehr darauf an, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern auch noch, Geld zu machen. Und zwar erst dann beginnt die eigentliche Schinderei, gerade wie in der Sklaverei. Bei der Verwandlung der Naturallieferungen in Geld werden die Lieferungen kolossal in die Höhe geschraubt.

Verschiedene Formen des Zinses:

1. Grundzins für die Benutzung des Bodens.

2. Kopfzins, persönlicher Zins, heißt auch Leibzins.

3. Rauchzins, für die Benutzung des Hauses und der Hofstätten; Rauch ist nur ein anderer Name für Haus.

4. Wächtergeld für Erhaltung der öffentlichen Ordnung.

5. Milchzins und Grasmiete für die Viehweiden.

6. Spinngeld, sind die in Geld verwandelten Tücher und Linnen.

7. Eiergeld, Besengeld, Hühnerzins, Garnzins, Wachszins, Bienenzins, Hafer-

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