Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 443

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Die Hörigen standen unter der Gerichtsbarkeit ihres Herrn.

Nach dem Vorbild Karls d. Gr. hatte jeder herrschaftliche Fronhof, sowohl weltlicher wie geistlicher, einen Hofstaat, mit Hofgeleite, also eine bestimmte Anzahl von Personen, die immer dem Herrn Geleit gaben, Hofdiener und Hofämter. Die letzteren hießen Ministerien. Die darin Dienenden hießen Ministerialen.

Dazu gehörten zu jedem Hof: Seneschall – Aufseher über die Küche; Kämmerer – Aufseher über Kleider und Schatzkammer; Mundschenken; Marschälle: Aufseher über den Stall.

Das waren die obersten Hofämter.

Dann gehörte dazu noch niederes Hofgesinde: Jägermeister, Forstmeister, Koch, Kellner, Meier, Vögte und Handwerker.

Sie waren alle hofhörig und standen unter der herrschaftlichen Gerichtsbarkeit. Der Staatsdienst war also damals Hofdienst.

Die öffentlichen Beamten waren nichts als herrschaftliche Beamte bis ins späte Mittelalter, auch Kriegsdienst.

Alle diese Ministerialen vom obersten bis zum untersten standen unter einer strengen Disziplin und waren sogar der Züchtigung unterworfen. Das spanische Rohr[1] spielte noch im 17. und 18. Jh. eine Rolle, im 19. Jh. sollen noch Ohrfeigen vorgekommen sein.

Einigen von den Hofbeamten verliehen die Herrschaften auch Güter, sog. Benefizien, die sie zunächst nur auf Lebenszeit bekamen, und für die sie bestimmte Abgaben schuldig waren. Nachher haben sich diese Güter in Erbgüter verwandelt. Und aus diesem Hofgesinde hat sich der Hofadel, der hohe Adel entwickelt.

Der Adel hat also zwei Quellen, von unten und von oben; der niedere sind die emporgekommenen alten Geschlechter aus der Mark, der hohe Adel stammt aus der Hofhörigkeit.

Diese Ausbildung des Hofstaats und des Gesindes um die Herrschaften herum zeigt, daß der Großgrundbesitz schon in die Phase getreten ist, wo er sich wirtschaftlich von der eigenen Arbeit trennt.

Es ist charakteristisch, daß im 11. Jh. der norwegische König Sigurd seine Güter noch selbst bewirtschaftete, er beaufsichtigte seine Leute.

Je mehr sich aber die Höfe als Fronhöfe über der Masse der Bauern erhoben, um so mehr entwöhnten sich die Herrschaften der eigenen Arbeit. Ihre Hauptbeschäftigung wurden: Kriegsdienst, Reiten, Jagd und adlige Spiele, Trinken. (S. Lassalle: Bastiat-Schulze.)[2]

Anfangs nur Seneschall, Marschall, Koch und Bäcker, oder Seneschall, Marschall, Mundschenk und Majordomus (der der Wirtschaft des Hauses vorstand).

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[1] Das spanische Rohr ist die Klopfpeitsche.

[2] Siehe Ferd. Lassalle’s Reden und Schriften. Neue Gesammt-Ausgabe. Mit einer biographischen Einleitung hrsg. von Ed. Bernstein, London. Dritter Band, Berlin 1893, S. 185.