Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 442

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besitzt, muß vier Tage das Land der Herrschaft bestellen mit demselben Fleiß, wie wenn es sein Eigentum wäre. Er baut drei Tage im Herbst und einen Tag im Frühling [an]. Jeder Ackersmann erhält während dieser Arbeit drei Brotlaibe und dazu im Herbst Bier und im Frühling Wein. Jede Hufe liefert einen Schnitter. Bekommt zweimal täglich zu essen, zu trinken und hat ein Recht auf einen Laib Brot obendrein.

Außerdem hatten sie an den Abt Abgaben zu liefern.

Zu persönlichen Diensten waren Hörige verpflichtet, die kein Land hatten, sie hießen Dienstmannen oder Martini-Leute. Bekamen Kleidung, Nahrung usw. vom Hof. Diese Dienstmannen binden die Ähren, heben die Garben, tragen das Korn in die Scheunen und dreschen. Sie bringen den geschnittenen Wein in die Presse und keltern ihn, spalten Holz, heizen Herd und Ofen, helfen Brot backen und Bier brauen, überwachen das Haus, machen alles bereit, wenn der Abt auf Reisen geht.

Gefängnis, säubern die Kloaken usw.

Betrachten wir am Fronhof näher die Lage der verschiedenen Kategorien.

1. Die Kategorie der unfreien Hörigen

2. Die Kategorie der persönlich freien Hörigen

Die Unfreien zerfallen wieder in zwei Kategorien:

1. Die niederen Dienste, insbesondere Feldarbeiter

2. Handwerker, Künstler, eigentliche Hofdiener – zur persönlichen Bedienung, und eigentliche Beamte.

Die Unfreien sind an den Herrenhof gebunden und meistens besitzlos.

Die zweiten sind meist im Besitz von Hufen und sind grundhörig.

Die erste Kategorie war gänzlich dem Herrn untertan und nicht waffenfähig.

Die persönlich freien Hörigen leisteten Heerbann.

Die ersteren, die Unfreien, waren auch nicht rechtsfähig. Nur ihr Herr konnte für sie Rache und Buße fordern.

Die persönlich Freien hatten das Recht der Fehde und der Blutrache.

(Wer keinen Grund und Boden besitzt, der hat gar keine Rechte.)

Die Ehen zwischen der ersten und der zweiten Kategorie waren zuerst bei Todesstrafe ganz verboten. Später, wo sie sich durchgesetzt haben, wo man nicht mehr verbieten konnte, galt das ganze Mittelalter der Grundsatz, daß die Kinder „der ärgeren Hand folgten“. Das war für die Kinder immer mit Unfreiheit verbunden, sie wurden also immer unfreie Hörige.

So wurde nachher alles in eine Masse höriger Bauern verwandelt. Die persönlich freien Hörigen verschwanden mehr und mehr.

Die persönlich freien Hörigen standen zwischen den Unfreien und den Vollfreien, den adligen Herren. Ihre Ehe mit den Vollfreien war zwar nicht verboten, aber unebenbürtig, und die Kinder wurden nicht erbberechtigt.

Der Eid eines Hörigen, wenn auch persönlich frei, galt nur die Hälfte des Eides eines Vollfreien.

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