Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 439

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ken zu schwach wurden, in den ewigen Kriegszeiten Frieden zu schaffen und mit kräftiger Hand die Gerichtsbarkeit zu führen, brauchten sie einen Schutzherrn. Dasselbe wurde auch in England, in sämtlichen Ländern, wo Germanen sich angesiedelt hatten, durchgeführt.

So entstehen sehr bald zwei Kategorien der Bevölkerung:

Die großen Grundbesitzer;

1. die große Masse der Hintersassen, die nur einen zinspflichtigen Grundbesitz haben und unter der öffentlichen Gewalt eines anderen stehen.

Danach wurde zu Zeiten Karls d. Gr. die Bevölkerung in Vollfreie und Nichtfreie unterschieden.

Die Vollfreiheit mit unabhängigem Grundbesitz wurde dann identisch mit dem Begriff des Adels. (Die großen Herrschaften nannten sich selbst Adlige oder Edlige zum Unterschied von den Unfreien. Zu Zeiten Karls des Großen hießen sie Vollfreie, Adlige oder Ritter.)

Karl d. Gr. bestimmte, daß zum Kriegsdienst zu Roß nur zugelassen wurde, wer drei, vier oder fünf Hufen Land hatte. Die, die weniger hatten, sollten sich zusammentun und einen für alle Zusammengetretenen ausrüsten.

Die Germanen fanden also schon Vorbilder bei den Römern vor in bezug auf den Großgrundbesitz.

Auch für die abhängigen Bauern hatten sie ein Vorbild in Rom, und zwar das Kolonat. Und das war tatsächlich das Vorbild dafür.

Bewirtschaftungsweise:

Auf den großen Gütern gab es nun zweierlei Wirtschaftsweisen.

1. Die Ländereien wurden vom Hof aus durch einen Vogt oder wie er früher hieß: Villicus (aus Rom genommen) bewirtschaftet. Hier diente als Vorbild bei der Bewirtschaftung direkt die römische Villa. Der größte Teil wurde aber nicht vom Hof aus, sondern von Leibeigenen, Hörigen oder Freien als Pacht- oder Zinsgut gegen bestimmte Abgaben bebaut. Diese hörigen Kolonen waren erstens zum großen Teil schon aus dem Römischen Reich übernommen. Dasselbe bezieht sich auch auf besiegte andere Völkerschaften, die Wenden und Slawen in Bayern, in Kärnten usw. Sie kamen direkt in die Hörigkeit unter die germanischen Großgrundbesitzer.

Dann entstanden sie aus ehemaligen freien Marken, die sich in Schutz begeben hatten, und aus von vornherein kolonisierten Marken.

Für die Einrichtung und Bewirtschaftung der großen Güter war namentlich epochemachend die Zeit Karls des Großen und seine Villenverfassung nach römischem Muster. Im Mittelpunkt einer solchen Villa stand der herrschaftliche Hof beziehungsweise der königliche Hof, und von ihm aus wurde die Wirtschaft geführt. Ein Teil der Ländereien wurde auf eigene Rechnung von hofhörigen Leuten bebaut. Sie hießen Ministerialen. Das waren Arbeitsleute, Handwerker, arbeitende Frauen in den

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