Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 433

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verei erzeugt wurde, wäre das Mittelalter und der Kapitalismus nicht zu denken, nicht die moderne Gruppierung der Klassen, und ohne diese ist der Sozialismus nicht denkbar. Erst die sozialistische Umwälzung wird die letzten Reste dieses Vermächtnisses aus Rom vernichten. (Das Christentum ist sozusagen ein Beweis dafür, daß Rom sich auf Griechenland stützt.)

Der Staat als Gewalt einer Klassengesellschaft ist auf dem Boden der Sklaverei in Griechenland entstanden, und in Rom sehen wir die Fortsetzung bis zum Äußersten. Der staatliche Apparat wurde in Rom viel ausgedehnter und entwickelter.

Ein Beweis dafür ist die Gründung des Römischen Weltreichs.

In Griechenland waren die führenden Staaten Sparta und Athen, und das sind Städte; also nur ein kleiner Umfang an Land.

In Rom aber die Zusammenfassung vieler Länder, die als Provinzen Roms unter dieselben bindenden Rechtsnormen gestellt wurden wie die Römer. Zum ersten Mal eine Zusammenfassung eines so ungeheuren Reiches, regiert von einem Zentrum her und einheitlich. Es mußte aus ökonomischen Ursachen zerfallen, nicht aus Mangel an politischen Einrichtungen.

Eine solche einheitliche Organisierung ist ein gewaltiger Fortschritt. Auch hierin hat das Römische Reich viel gewaltigere Konsequenzen gezogen als Griechenland.

[Der folgende Absatz ist gestrichen.]

In Griechenland entstand durch die Sklaverei eine Verfeinerung des Handwerks, wie sie ohne sie nicht möglich gewesen wäre. In Rom ist im Gegenteil das Handwerk in eine gewisse Rückbildung getreten. Nur die rohesten Werkzeuge zum eigenen Gebrauch wurden von den Sklaven oder Bauern produziert, alle feineren wurden aus den unterjochten Ländern eingeführt. In dieser Beziehung brachte die römische Sklaverei also keinen Fortschritt.

[Ende der Streichung. Mit wenigen Veränderungen befindet sich die Passage auf S. 434.]

Man darf die großen Züge nicht vergessen, die Rom trotz seines Verfalls zeitigte.

Das gesamte geistige Leben wurde wie das materielle in Rom konzentriert.

Die Götter aller unterjochten Völker wurden nach Rom geschleppt, so daß dort auch eine Konzentration aller Religionskulte stattfand.

Das Römische Reich fiel im wörtlichen Sinne in die Barbarei zurück.

Erst etwa im 10. Jh. n. Chr. beginnt der Handel in Italien sich wieder zu heben.

Sobald im Mittelalter die Klassenscheidung der neuen germanischen, auf dem Boden Roms entstandenen Gesellschaft gediehen war, so daß sie aufnahmefähig für die höhere geistige Bildung war, knüpfte man an die griechische Bildung an; die Zeit der Renaissance, der Humanisten.

Nichts ist von Rom an geistiger Kultur verloren gegangen.

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