Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 427

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Zunächst verschwindet die Form der kleinen Pacht, die dafür maßgebend war, daß der Großgrundbesitz wirtschaftlich noch an die Methoden der bäuerlichen Wirtschaft gebunden war. Jetzt haben wir Großkultur, und zwar deshalb, weil jetzt große Massen verfügbarer Arbeitskräfte vorhanden waren.

Da aus den Provinzen das Getreide eingeführt wird, so wird die Produktion von Getreide eingeschränkt. Der Getreidebau wird verdrängt hauptsächlich durch die Viehzucht, durch Weinkultur und Olivenkultur.

Es wird jetzt für den Handel produziert, nicht mehr wie früher in der bäuerlichen Wirtschaft für den eigenen Bedarf.

Die Viehzucht ergab Wolle; sie wurde, weil auch für den Handel, in denkbar größtem Maßstab betrieben. Kleine Güter, die früher für Getreide bestimmt waren, wurden zusammen in große Gebiete für die Viehzucht umgewandelt. Genauso wurde der Wein- und Olivenbau betrieben.

Es bilden sich die Latifundien, die die andere Seite des Zusammenbruchs der bäuerlichen Wirtschaft sind. Sie werden selbstverständlich durch Sklaven bewirtschaftet. Es bilden sich größere Kolonnen von Sklaven unter Aufsehern und gänzliche Trennung ihrer Lebensweise von der der Herren. Der Herr wohnt in Rom, hat aber auf dem Land noch ein Landhaus.

Auf den Landgütern werden namentlich entwickelt: Große Gartenkulturen, Ziergärten, weil Blumen zur luxuriösen Lebensweise in Rom gehörten; luxuriöse Geflügelzucht (Pfauenzungen und Nachtigallenzungen), Obstkulturen in ausgesuchtester Weise, gleichfalls im grossen betrieben und für die eigenen Konsumtionsbedürfnisse.

Vorwiegend aber tritt eine Verödung und Entvölkerung des ganzen Landes durch die Wein- und Olivenplantagen ein, eine sehr ungenügende Entwicklung des Handwerks, nur zur Befriedigung der Bedürfnisse und für Werkzeuge, sonst wird alles aus Kleinasien eingeführt, auch die besten Werkzeuge werden von dort bezogen.

Wo früher 100–150 Bauernwirtschaften waren, bestand jetzt ein Latifundium, von 50 Sklaven bearbeitet. Die Sklaven waren unverheiratet, durften sich nicht verheiraten. Die Bauern wurden entweder als Soldaten in allen möglichen Ländern verwendet oder lebten als beschäftigungsloses Proletariat in Rom.

Blieb schließlich noch die reiche Klasse und der Adel. (Mommsen und Meyer sprechen immer von römischen Kapitalisten; sie verstehen darunter einfach reiche Leute.)[1]

In Rom, der späteren Periode als der griechischen, war sozusagen keine Funktion für diese Klasse da. Griechenland wurde politisch von Rom unterjocht, aber geistig

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[1] Siehe Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Erster Band. Neunte Aufl., Berlin 1903, S. 265; Eduard Meyer: Untersuchungen zur Geschichte des zweiten punischen Krieges. In: Kleine Schriften zur Geschichtstheorie und zur wirtschaftlichen und politischen Geschichte des Altertums, Bd. 2, Halle 1910, S. 375 ff. und S. 400 f.