Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 414

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In Griechenland bestand bereits im 10., 9. Jh. v. Chr. eine starke Zersetzung innerhalb der Gesellschaft.

Der Austausch mit dem Orient führte zu zweierlei:

1. gab er dem Adel Anreiz, verschiedene Produkte herstellen zu lassen, die er für Luxuswaren aus dem Orient eintauschen konnte. Dazu gehörten Öl, Wein und Metalle.

2. verbreitete sich im Zusammenhang mit dem Austausch anstatt der früheren Naturalwirtschaft eine Geldwirtschaft, denn aus dem Orient kommt als Austauschmittel Metall. Bei der Naturalwirtschaft werden alle Produkte nur für den Lebensunterhalt erzeugt, und zwar hauptsächlich von den Menschen selbst, die sie verzehren, abgeben oder austauschen. Der Markvorsteher erhielt zu seiner Erhaltung Lebensmittel. Nun, da er sich in den Adel verwandelt hatte und die Geldwirtschaft aufkam, mußten die öffentlichen Abgaben in Geld, nicht in Naturalien entrichtet werden. Das verursacht, daß die Bauernwirtschaft immer mehr in Schulden bei den größeren Grundbesitzern verfällt.

Zur Zeit Homers, etwa der gleichen Zeit wie die Zeit der Völkerwanderung bei den Germanen, überwog in Griechenland noch die Viehzucht über den Landbau, der aber schon bedeutend war. Der Adel nahm in dieser Zeit, nach Homer zu schließen, noch selbst an der Produktion teil. Er stellte die Krieger, er hatte den Austausch mit dem Orient in der Hand. Das läßt sich auch aus der Mark ableiten. Die Mark hatte auch schon einen Austausch, aber außerhalb, nicht in ihren eigenen Grenzen. Die Mark als Ganzes tauschte aus. Da die Mark als solche aber den Austausch nicht führen konnte, so ergab sich, daß die natürlichen öffentlichen Ämter zugleich die natürlichen öffentlichen Organe des Austauschs waren. Und zu diesen öffentlichen Organen wurde ja später der Adel.

Als Sitze des herrschenden Kriegsadels gab es schon Burgen, also eine ständige Einrichtung des Militarismus. Die Burgbauten waren Fronarbeiten des umgebenden Landvolks. Je mehr die früheren Ämter in der Mark erblich wurden, je mehr wuchsen die Abgaben der Bauern. Statt Geld hatten sie nun Fronarbeiten zu leisten. Es waren dies Fronarbeiten, weil sie ja nicht mehr für ein gewähltes Organ geleistet wurden. Ein historisch überkommenes, verkehrtes Verhältnis von ehemals.

Die Verfeinerung der Lebensweise des Adels führte zu einer immer größeren Scheidung zwischen ihm und den Bauern. Es entstand auf der einen Seite die Masse der Bauern, die alle Arbeit leistete, auf der andern Seite das kleine Häuflein adliger Familien, die nur das Kriegswesen und den zur Hebung ihrer Lebensweise bestimmten Austausch als ihre Beschäftigung ansahen. Der Adel hört schließlich auf, am Produktionsprozeß teilzunehmen. Das steigert die Lebensweise noch mehr. Aus dieser Steigerung wieder ergibt sich ein größerer Austausch, und damit er ermöglicht wird, muß die Produktion danach eingerichtet werden.

Der passive Handel geht in den aktiven Handel über. Das heißt, während der Adel früher nur den Überschuß über die Konsumtion zum Austausch brachte, läßt er jetzt auf

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