Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 327

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Die Gemengelage, die man sich vor Maurer nicht zu erklären wußte, wurden erklärlich durch die Theorien Maurers. Die Germanen traten als Ackerbau treibendes Volk in die Geschichte ein, aber es gab noch bei ihnen zeitweilige Völkerwanderungen. Ein Stamm bezog immer ein durch natürliche Grenzen abgeschlossenes Gebiet. Ein Stamm teilte sich wieder in 100 Gaue u. diese wieder in je 100 Dorfschaften. Aus den Berichten des Tacitus ergibt sich, daß die damaligen Germanen noch kein Eigentum kannten, sondern nur bewegliche Habe.

Die Grundlage der Dorf- oder Markgenossenschaft ist nicht der Ackerbau, sondern die Viehzucht. Dementsprechend waren auch die uneingeteilten Güter, Wald u. Wiese, von größerer Bedeutung. Das Ackerland war in Parzellen eingeteilt, die gleichmäßig für jeden Haushalt waren. Die Bebauung dieser Zellen erfolgte gemeinsam. Es wurde auch gemeinsam beraten, ob, was und wie gebaut werden sollte. Mit der weiteren Entwicklung verlor die Viehzucht immer mehr auf Kosten des Ackerbaus an Bedeutung.

Die Bewirtschaftung der Markgenossenschaft geschah nach einem bestimmten Plan; wie die Menschen überhaupt von allem Anfang an planmäßig produzierten u. konsumierten. Die Planmäßigkeit bei den primitiven Völkern war natürlich entsprechend ihrer mangelhaften Naturkenntnis ebenfalls beschränkt. Die Planmäßigkeit gewann und gewinnt an Ausdehnung durch die zunehmende Produktivität der Arbeit. Die fortschreitende Produktivität der Arbeit ist die Grundlage der gesellschaftlichen Entwicklung. In jeder Epoche ist die Frage, wem gehören die Produktionsmittel, entscheidend für die Planmäßigkeit der betreffenden Gemeinschaft. Die Planmäßigkeit in der Produktion beruht darauf, daß festgestellt wird, was, wie u. wer produziert, daß für die Verteilung der Produkte bestimmte Regeln aufgestellt werden; als Grundlage dienen die jeweiligen Bedürfnisse, sowohl an Lebens- als auch an Produktionsmitteln.

Die Bedürfnisse wirken einerseits auf die Produktivität der Arbeit insofern ein, als dadurch immer neue technische Hilfsmittel angewandt werden, die andererseits in ihrer Wirkung wieder neue Bedürfnisse erzeugen.

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Die wirtschaftliche Entwicklung in der Markgenossenschaft brachte die Notwendigkeit einer Arbeitsteilung mit sich. Zuerst eine solche zwischen den Geschlechtern. Dann wurden zur Herstellung der notwendigen Werkzeuge besondere Männer bestimmt. Diese Handwerker hatten nicht mehr das Recht, an den allgemeinen Vers[ammlungen] teilzunehmen. Dies bedeutete aber für sie keineswegs eine Entrechtung in unserem Sinn. Dadurch hatten sie keinerlei wirtschaftliche Nachteile. Dieser Zustand hat sich daraus entwickelt, daß die ganze Markgenossenschaft auf dem Ackerbau im wesentlichen auf der Viehzucht beruhte, der Handwerker damit

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