Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 320

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Louis Blanqui, Blanc u. Proudhon in Frankreich, in Deutschland Wilhelm Weitling, sie alle wußten noch nichts von der ök. Notwendigkeit des Soz. u. von der hohen Mission, die die Arbeiterklasse als solche zu erfüllen hat.

Die Losung der franz. Rev. von 1848 forderte hauptsächlich das „Recht auf Arbeit“. Eine Forderung, die sich innerhalb des Kapitalismus niemals verwirklichen läßt. Die Bourgeoisie konnte deshalb, selbst wenn sie dazu bereit gewesen wäre, diese Forderung nicht erfüllen. Die Bewegung ist daher auch resultatlos verlaufen.

Marx bezeichnet die Junischlacht,[1] die sich durch den Verrat der Bourgeois an der Arbeiterschaft erzeugt wurde, als den ersten Riß zwischen Bourgeois u. Proletariat. Marx weist uns zum ersten Mal nach, daß der Soz[ialismus] notwendig auf den Kapitalismus folgen muß.

Welche Stellung nimmt zu dieser Entwicklung die bürgerliche Nationalök.?

Hier sehen wir klassische Ökonomie, solange die Forschung nicht durch irgendwelche Interessen getrübt wurde. Vulgärökonomie dann, als die Nationalökonomie die Aufgabe bekam übernahm, die bestehenden Zustände zu verteidigen. Engels drückt dies in seiner derben Art so aus: „Je näher die bürgerlichen Nationalökonomen der Gegenwart kommen, um so weiter entfernen sie sich von der Ehrlichkeit.“[2]

Die Marxschen Lehren sind der Schlußstein in der Nationalökonomie. Sie sind gewissermaßen die geistige Brücke von der heutigen Gesellschaft zum Sozialismus.

Die Nationalökonomie weist uns ferner nach, daß die Besitzer der Produktionsmittel immer weniger werden, die Proletarier deshalb immer mehr. Parallel mit dieser Entwicklung vollzieht sich eine immer weiter fortschreitende Konzentration der Produktionsmittel. Diese Entwicklung vollzieht sich über die ganze Welt. Beide Symptome sind Vorbedingungen für die Verwirklichung des Sozialismus. Zur Durchführung des Soz. ist die Konzentration des bewußten Willens, zur Einführung die Nivellierungstätigkeit des Kapit. notwendig. Diesen notwendigen Ausgleich schafft der Kapit. dadurch, daß er die Arbeiter wirtschaftlich zwingt, aus dem einen Land aus- u. in das andere einzuwandern. So bereitet der heutige Kapitalismus objektiv die Grundlage für den Soz. vor. Diese Tendenzen der kapit. Entwicklung bloßgelegt zu haben, ist das Verdienst der Nationalökonomie.

Der Sozialismus ist die logische Schlußfolgerung aus der im Schoße des Kapit. E vor sich gehenden Entwicklung.

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[1] Vom 23. bis 25. Juni 1848 hatten sich Pariser Proletarier erhoben, weil die französische Bourgeoisie die Nationalwerkstätten hatte schließen lassen. Etwa 113000 Arbeiter blieben dadurch ohne Arbeit und Einkommen. Bourgeoisie, Kleinbürger und Monarchisten standen geschlossen gegen den Aufstand, der nach drei Tagen von der militärischen Übermacht blutig niedergeschlagen wurde.

[2] Siehe Friedrich Engels: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie. In: MEW, Bd. 1, S. 501, wo es heißt: „Je näher die Ökonomen der Gegenwart kommen, desto weiter entfernen sie sich von der Ehrlichkeit. Mit jedem Fortschritt der Zeit steigert sich notwendig die Sophisterei, um die Ökonomie auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Darum ist z. B. Ricardo schuldiger als Adam Smith und MacCulloch und Mill schuldiger als Ricardo.“