Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 188

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4) Portugiesisch-Angola[1]

5) Deutsch-spanisch[er] Schacher um Fernando Póo und Rio Muni[2]

6) Russisch-persischer K[3]

7) Balkanfragen[4]

Hungerkrawalle[5]

Metallaussperrung[6]

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[1] Nach 1890 nahm der Einfluß des britischen Kapitals auf die portugiesische Kolonie Angola zu. 1898 vereinbarten Deutschland und Großbritannien im Angola-Vertrag, im Falle der Zahlungsunfähigkeit Portugals eine gemeinsame Anleihe zu zeichnen. Als Pfand waren dafür die portugiesischen Kolonien vorgesehen. Zugleich bemühte sich Portugal nach 1904, die Grenzgebiete ihrer Kolonie Angola zur deutschen Kolonie Südwestafrika zu sichern. Gegen aufständische Stämme an der Grenze zu Deutsch-Südwestafrika führte Portugal Strafexpeditionen durch und unterwarf die Stämme der Cuamato vom Volk der Ovambo. Bei einem Besuch des britischen Königs 1913 in Berlin wurde der Angola-Vertrag von 1898 zugunsten Deutschlands modifiziert. Seine Umsetzung wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 unmöglich.

[2] Seit 1778 war die Insel Fernando Póo im Golf von Guinea spanisch, und 1885 wurde durch Verträge mit lokalen Herrschern auf dem Festland ein Protektorat Rio Muni errichtet. 1900 wurde das Protektorat Rio Muni spanische Kolonie. 1909 vereinigte Spanien Rio Muni und die vorgelagerten Inseln, darunter Fernando Póo, zu Spanisch-Guinea.

[3] Unter dem Einfluß der Revolution in Rußland 1905/06 hatte sich in Persien eine bürgerlich-demokratische Massenbewegung entwickelt, die zur Einschränkung des Absolutismus, zur Gründung von Revolutionskomitees und Anfang 1907 zur Einführung der konstitutionellen Regierungsform führte. Die vom persischen Schah geführte Reaktion unternahm mit Hilfe Großbritanniens und Rußlands am 23. Juni 1908 einen konterrevolutionären Putsch. Das persische Parlament wurde aufgelöst und die Verfassung beseitigt. Viele Abgeordnete und revolutionäre Kräfte wurden verhaftet, einige davon ermordet. Alle demokratischen Zeitungen wurden verboten. Das Zentrum des revolutionären Kampfes verlagerte sich von der Hauptstadt in andere Landesteile, wo die demokratischen Kräfte zunächst noch an Einfluß gewinnen und die Reaktionäre zurückschlagen konnten. Großbritannien und Rußland, die Persien im Laufe des 19. Jahrhunderts in eine Halbkolonie verwandelt hatten, teilten Persien in zwei Einflußsphären auf. In den folgenden Jahren besetzten britische und russische Truppen ihre Gebiete. Mit ihrer Untersützung gelang es der persischen Reaktion im Jahre 1911, die Revolution niederzuschlagen und die Kadscharen-Dynastie wieder einzusetzen.

[4] Von Oktober 1912 bis Mai 1913 führten Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro Krieg gegen das Osmanische Reich, der mit einer Niederlage der Osmanischen Reiches endete. Dieser Krieg war in seiner Haupttendenz ein nationaler Befreiungskrieg gegen die osmanische Fremdherrschaft auf dem Balkan. Infolge der Einmischung europäischer Großmächte gefährdete er den Frieden in Europa. Im Friedensvertrag von London, der am 30. Mai 1913 zwischen den Balkanstaaten und dem Osmanischen Reich abgeschlossen wurde, mußte das Osmanische Reich fast alle Gebiete auf der Balkanhalbinsel an die Balkanstaaten abtreten. Durch den zweiten Balkankrieg vom 29. Juni bis 10. August 1913 wurden die internationalen Spannungen, vor allem zwischen Rußland und Deutschland, außerordentlich verschärft und die Gefahr eines Weltkrieges heraufbeschworen.

[5] Zum Beispiel war es am 17. September 1911 in Wien bei einer Demonstration gegen die Teuerung, an der sich etwas 120000 Personen beteiligten, zu einem Zusammenstoß mit der Polizei und dem eingesetzten Militär gekommen. Dabei wurde eine Person getötet, 83 wurden verletzt.

[6] Mitte des Jahres 1910 waren in Hagen-Schwelm u. a. westfälischen Orten etwa 20000 Metallarbeiter ausgesperrt worden. – Der Verband Deutscher Metallindustrieller bedrohte die seit 4. August 1910 streikenden Werftarbeiter damit, etwa 400000 Metallarbeiter in Deutschland auszusperren, wozu es nach Teilzugeständnissen der Werftarbeiter nicht kam und die Arbeitsaufnahme für den 10. Oktober beschlossen wurde. – Am 30. November 1911 sperrten die Metallindustriellen Berlins zur Unterdrückung eines Streiks der Former und Gießer 60 Prozent der Berliner Metallarbeiter aus. Nach einer Einigung zwischen Gießereiarbeitern und Unternehmern, die zu Zugeständnissen gezwungen waren, wurde am 6. Dezmber 1911 die Aussperrung aufgehoben.