Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 120

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Rohstoffe u. alles Nötige einzukaufen, damit der Betrieb mittlerweile keine Unterbrechung erleidet, sorgt er nicht dafür, daß sein Geld, in dem Maße wie er es aus dem Erlös der Waren wieder in die Hand kriegt, nicht etwa müßig liegt, sondern irgendwo profitlich angelegt wird, dann wird e kommt er auf diese oder jene Weise ins Hintertreffen. Den Letzten beißen die Hunde, u. der U einzelne Unternehmer, der nicht Acht gibt, daß sein Geschäft z in dem fortwährenden Hin und Her zwischen der Werkstatt u. dem Warenmarkt so gut klappt, wie in der Werkstatt selbst, wird, trotzdem er seine Lohnarbeiter aufs gewissenhafteste ausbeutet, doch nicht zu dem üblichen Profit gelangen. Ein Stück seines „wohl erworbenen“ Mehrwerts Profits wird irgendwo hängen bleiben, nur nicht in seiner Tasche.

Damit nicht genug. Der Kapitalist kann nur Reichtum ansammeln, wenn er Waren, also Gebrauchsgegenstände für andere herstellt. Er muß aber gerade diejenigen Arten u. Sorten u. soviel herstellen, als die Gesellschaft braucht. Sonst bleiben die Waren unverkauft u. der darin steckende Mehrwert geht wiederum flöten. Aber wie soll ein Einzelkapitalist dies alles wissen? Niemand sagt ihm, was u. wie viel die Gesellschaft jeweilig an Gebrauchsgütern braucht, – schon weil es niemand weiß. Leben wir doch in einer planlosen anarchischen Gesellschaft. Jeder einzelne Unternehmer ist in derselben Lage. Und doch muß aus diesem Chaos, aus diesem Durcheinander etwas Ganzes entstehen, was sowohl das Einzelgeschäft der Kapitalisten u. ihre Bereicherung, wie auch die Bedarfsdeckung u. die Fortexistenz der Gesellschaft im Ganzen ermöglicht. Genauer gesprochen, muß aus dem Durcheinander der Einzelkapital. auf dem regellosen Markt ermöglicht werden: erstens: die ständige Kreisbewegung des Einzelkapitals, die Möglichkeit zu produzieren, zu verkaufen, einzukaufen u. wieder zu produzieren, wobei das Kapital beständig aus seiner Geldgestalt in Warengestalt schlüpft und umgekehrt; und diese Phasen müssen miteinander klappen, Geld muß auf Vorrat sein vorhanden sein, um jede Marktkonjunktur wah zum Einkauf wahrzunehmen, um laufende Ausgaben des Betriebes zu decken, andererseits muß das im Maße des Warenverkaufs allmählich ausscheidende zurückfließende Geld sich sofort wieder betätigen können. Die scheinbar völlig voneinander unabhängigen Einzelkapitalisten schließen sich tatsächlich schon hier zu einer großen Bruderschaft zusammen, indem sie durch das System des Kredits, der Banken, einander fortwährend das benötigte Geld vorschießen u. das vorrätige Geld abnehmen u. so den ununterbrochenen Fortgang der Produktion u. des Warenverkaufs für die Einzelnen u wie für die Gesellschaft ermöglichen. Der Kredit, den die bürgerliche Nationalökonomie nur als schlaue Erfindung zur „Erleichterung des Verkehrs“ darstellt zu erklären kann, weiß Marx so im II. Band des Kapital seines Werkes, ganz im Vorbeigehen, als eine einfache Lebensweise des Kapitals aufzuzeigen, als Verbind Verknüpfung zwischen den beiden Lebensphasen des Kapitals: in der Produktion u. auf dem Warenmarkt, sowie zwischen den scheinbar unabhängigen selbstherrlichen Bewegungen der Einzelkapitale.

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