Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 118

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zur Produktion edelmütig „überlassene“ Kapital, als Vergütung für das „Risiko“, das jeder Unternehmer läuft, [sic!] f als Lohn für „geistige Arbeit“ der Leitung des Unternehmens, als u. dergl. mehr. Nach dieser Erklärung kam es jedes Mal nur darauf an, den Reichtum der Einen, also auch die Armut der Anderen, als etwas „Gerechtes“, u. also Unabänderliches hinzustellen. Demgegenüber erklärten die Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft, die Sozialisten der vormarxschen Schulen, die Bereicherung der Kapitalisten zu allererst als glatte Prellerei, ja als Diebstahl an den Arbeitern, als[1] Beseitigung der hauptsächlich durch die Dazwischenkunft des Geldes oder durch Mangel an Organisation des Produktionsprozesses ermöglicht werde. Von hier aus kamen jene Sozialisten zu verschiedenen utopischen Projekten, wie man durch Abschaffung des Geldes, durch „Organisation der Arbeit“ u. dergl. die Ausbeutung beseitigen könne. Marx deckte als erster im seinen ersten Band des „Kapitals“ die Wurzel der kapitalistischen Bereicherung auf. Er befaßt sich nicht weder mit Rechtfertigungsgründen des Kapitalisten, u. auch nicht noch mit Anklagen sein ihrer Ungerechtigkeit, er zeigt zum ersten Mal, wie der Profit entsteht u. wie und weshalb er in die Tasche des Kapitalisten wandert. Marx erklärt dies durch zwei große entscheidende ökonomische Tatsachen: erstens die grundlegende Tatsache, daß die Masse der Arbeitenden Proletarier sind u. deshalb ihre Arbeitskraft als Ware verkaufen müssen, zweitens, daß diese Ware Arbeitskraft heute einen so hohen Grad der Produktivität besitzt, daß sie ein viel größeres Produkt in einer gewissen Zeit herzustellen vermag, als zu ihrer eigenen Erhaltung in dieser Zeit notwendig. Diese beiden rein ökonomischen u. zugleich hi durch objektive historische Entwicklung gegebenen Tatsachen bringen es mit sich, daß die Frucht der Mühe des Lohnarbeiters ganz von selbst dem Kapitalisten in den Schoß fällt, sich mechanisch mit der Fortdauer des Lohnsystems zu immer gewaltigeren Kapitalvermögen ansammelt. Marx erklärt also die kapitalistische Bereicherung nicht als irgendeine verdiente Vergütung des Kapitalisten für eingebildete Opfer u. Wohltaten u. ebenso wenig als Prellerei oder Diebstahl im landläufigen Sinne dieser Worte, sondern als zur En ein vom Standpunkte des Gesetz Strafkodex völlig rechtmäßiges Austauschgeschäft zwischen Kapitalist u. Arbeiter, das so gut Geltung hat, sich genau nach denselben Gesetzen sich abwickelt, wie jeder andere Warenkauf und -verkauf. Um dieses tadellose Geschäft, das dem Kapitalisten die goldenen Früchte trägt, aufzuhellen, mußte Marx das von den großen englischen Klassikern Smith u. Ricardo a zu Ende des XVIII. u. zu Beginn des XIX. Jahrh. ent aufgestellte Wertgesetz, d. h. die Erklärung der inneren Gesetze des Warenaustausches, zu Ende entwickeln und auf die Ware Arbeitskraft anwenden. Das Wertgesetz, daraus getrennt abgeleitet der Lohn und der „Mehrwert“, d. h. d. h. die Erklärung, wie ohne jede gewaltsame Prellerei sich das Produkt der Lohnarbeit von selbst in einen kümmerlichen Teil Lebensunterhalt für den Arbeiter u. den arbeitslo-

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[1] Ein durchgestrichenes Wort ist nicht entzifferbar.