Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 570

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chen Sinne weiterführt, d. h. überflügelt. Das gesamte kämpfende Proletariat muß daher Mitträger der sozialistischen Jugendbewegung sein.

VII.

Um in diesem Sinne seinen Verpflichtungen gerecht zu werden, muß es der sozialistischen Jugendbewegung die Bewegungsfreiheit sichern, deren sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben bedarf. Es muß ihr ferner besser: gleichzeitig ? moralisch und materiell alle Beihilfe gewähren, die zur Erringung ihrer Ziele erforderlich ist und den großen grundsätzlichen Richtlinien des sozialdemokratischen Volksbildungsprogramms entspricht. (Siehe Resolution zum Mannheimer Parteitag.[1]) Als Aufgabe des gesamten kämpfenden Proletariats erfaßt und vom gesamten kämpfenden Proletariat getragen wird die sozialistische Jugendbewegung zum gewaltigsten Stück sozialpädagogischer Praxis, das die Geschichte kennt. Indem sie sich an die Jugend der zahlreichsten und in dieser geschichtlichen Periode sozial bedeutendsten Klasse wendet, indem sie diese Jugend zum denkenden Wollen und Handeln im Dienste des Sozialismus erzieht und sie durch das richtige Begreifen der geschichtlichen Entwicklung zum richtigen Eingreifen in diese befähigt: bedeutet sie – soweit es innerhalb der kapitalistischen Klassengesellschaft möglich ist, eine weittragende Arbeit zur Verwirklichung des Ideals, das die Klassiker der Pädagogik im Zeitalter der politischen und geistigen Emanzipationskämpfe der kontinentalen Bourgeoisie gezeichnet haben. Es ist das Ideal einer nationalen Erziehung, die vom Geiste internationaler Brüderlichkeit beseelt den Menschen darauf vorbereitet, als Menschheit den endgültigen Sprung aus dem Reiche der Tierheit in das Reich der Freiheit zu tun.

Diesen ganzen Satz würde ich streichen, weil 1) über die Identität der Ideale der bürgerl. Pädagogen-Klassiker mit der sozialist. Jugenderziehung sich streiten läßt, jedenfalls gibt es da soviel Gegensatz wie Analogie.

2) Die soz. Jugenderziehung ist einer insofern kein Ideal der Erziehung, als sie nur die Konsequenzen aus der kapit. Wirtschaft zieht: Da diese tatsächlich die Jugend für das Proletariat vernichtet, so müssen wir sie schon in der Jugend zu Sozialisten machen. Eine Erziehung im allgemein-menschlichen (pädagogischen) Sinne können wir an der prol. Jugend gar nicht vollziehen, es sei denn, insofern der Klkampf überhaupt hebend wirkt, d. h. wie auch auf die Erwachsenen.

[Auf linkem Rand:]

Ich meine: Es ist besser, daß wir nicht zu viel versprechen u. nicht den Mund so voll nehmen, solange der Kapit. herrscht.

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[1] Gemeint sind die von Heinrich Schulz und Clara Zetkin unterbreiteten Leitsätze „Volkserziehung und Sozialdemokratie“ zum entsprechenden Tagesordnungspunkt 7 des Mannheimer Parteitages. Die Referate von H. Schulz und C. Zetkin wurden als Massenbroschüre herausgegeben und alle Anträge dem einzusetzenden Bildungsausschuß überwiesen. Siehe Parteitagsprotokoll Mannheim 1906, S. 119–123, 323–360.