Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 567

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-7-1/seite/567

III.

Im Triebwerk der kapitalistischen Produktion, der kapitalistischen Ausbeutung unterworfen, losgelöst von der alten sozialen Gemeinschaft der Familie lernen sich die jungen Proletarier als eigenverpflichtete und eigenberechtigte Persönlichkeiten erkennen. Im Triebwerk der Produktion, der kapitalistischen Ausbeutung unterworfen, werden sie aber auch gleichzeitig der neuen sozialen Gemeinschaft ihrer Klasse fest eingegliedert und begreifen sich als Gleiche unter Gleichen, als Lohnarbeiter unter der Masse der Lohnarbeiter, den gleichen sozialen Gesetzen der Lebensentwicklung und Lebensbetätigung unterworfen wie diese. Das Bedürfnis der jugendlichen Persönlichkeiten nach Schutz und Erziehung als Voraussetzungen für die Entwicklung der sich regenden leiblichen und seelischen Kräfte stößt an die sozialen Schranken der proletarischen Klassenlage und kann von dem bürgerlichen Klassenstaat, als dem politischen Herrschaftsorgan der kapitalistischen Ausbeutungswirtschaft nicht befriedigt werden. Es enthüllt sich den jugendlichen Proletariern als das Recht ihrer Klasse auf jene vollmenschliche Entwicklungs- und Wirkungsmöglichkeit, welche dem Stande der heutigen Kultur entspricht. Dieses Recht wurzelt in der ökonomischen und sozialen Bedeutung des Proletariats, muß sich gegen die ausbeutende Minderheit und ihren Staat im bewußt geführten proletarischen Klassenkampfe langsam durchsetzen und findet erst mit der Überwindung der kapitalistischen Ordnung und der Aufrichtung der sozialistischen Gesellschaft freier, gleichberechtigter Arbeiter seine volle Anerkennung und Verwirklichungsmöglichkeit. Für die jugendlichen Proletarier fällt in der Folge ihr Persönlichkeitsbewußtsein mit ihrem Klassenbewußtsein das Lebensinteresse ihrer Jugend mit dem Lebensinteresse ihrer Klasse zusammen und füllt sich mit dem geistigen Inhalt des geschichtlichen proletarischen Klassenlebens: dem führt sie mit zwingender Logik zum Sozialismus.

[Auf linkem Rand neben den Streichungen:] zu mystisch ausgedrückt.

IV.

Die Erziehung der jugendlichen Proletariermassen im Geiste des Sozialismus und für die Ziele des Sozialismus ist daher die Aufgabe der sozialistischen Jugendbewegung. Diese Aufgabe sucht sie auf dem Wege der proletarischen Selbsthilfe zu lösen, und zwar dadurch, daß sie erstens planmäßig der Verkümmerung und Vernichtung körperlichen und geistig-sittlichen Lebens entgegenwirkt, welche der proletarischen Jugend als Folge der kapitalistischen Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, der Mängel ihrer Erziehung in der Kindheit durch Haus und Schule und bestimmter verwahrlosender Einflüsse der kapitalistischen Gesellschaft droht; zweitens ebenso planmäßig die normale Entwicklung dieses Lebens durch Vermittlung materieller und ideeller Bildungselemente fördert. Die Durchtränkung der proletarischen Jugendmassen mit der sozialistischen Erkenntnis, als der Vorstufe zum Wollen und Handeln, welche die

Nächste Seite »