Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 561

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(Die Niederlande kamen damals in die Höhe und waren der größte Konkurrent Englands.)

Alle Ökonomen Deutschlands im 17. und 18. Jh. waren Merkantilisten. Aber nicht hervorragend, nur Nachbeter der Italiener.

Die zweite Schule sind die Physiokraten.[1] Von ihnen aus datiert Marx die Geschichte der Nationalökonomie.[2] Ihre Geburtsstätte ist Frankreich. Sie stehen im schärfsten Gegensatz zu den Merkantilisten. Sie erklären: Was ist Reichtum? Grund und Boden, Natur und Arbeit. Produktiv sei nur die Landwirtschaft. Weshalb? Weil hier die Arbeit mehr an Masse der Produktion liefert, als sie selbst kostet. Dagegen Handel und Industrie unproduktiv.

Auf den ersten Blick scheint das eine feudale Theorie zu sein. Ist äußerlich eine rein reaktionäre Schule.

Sie zogen aber den folgenden Schluß daraus: Da die Landwirtschaft der einzige produktive Produktionszweig ist, so ist es billig und gerecht, alle Steuern auf die Landwirtschaft zu legen und Industrie und Handel völlig frei davon zu lassen.

In dem 1. Band der „Theorien über den Mehrwert“ hat Marx sehr schön darüber geschrieben. Bisher wußte man nicht, war die Theorie reaktionär oder revolutionär. Marx hat gezeigt, das war Aufkommen des Bürgertums noch unter den Fittichen des Feudalismus.[3] Sie forderten persönliche Freiheit und Gleichheit für das Landvolk, damit der Zweig sich so entwickeln kann, daß er alle Lasten tragen kann. Also Kampf gegen die Feudallasten. Es war also eine hochrevolutionäre Schule.

Die Hauptschöpfer dieser Schule sind:

Boisguillebert: 1. „Abhandlung über Getreide und Getreidehandel“, 2. „Über das Wesen des Reichtums, des Geldes und der Abgaben.“[4] Er starb 1714.

Der zweite, der offizielle Schöpfer der Schule, ist: Dr. Quesnay. Leibarzt des Königs. 1694–1774 gelebt. Sein berühmtes Hauptwerk ist: „Das ökonomische Bild“.[5] Er stellt

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[1] Theorie der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie im 18. Jh. in Frankreich. Ihre Hauptvertreter waren François Quesnay und Robert Jacques Turgot. Die Physiokraten stellten erstmals die Produktionssphäre in den Mittelpunkt der Analyse. Sie sahen in der kapitalistisch betriebenen Landwirtschaft den einzig Mehrwert erzeugenden Produktionszweig. In den Manufakturen und Handwerksbetrieben gebe es nur eine einfache Reproduktion. Im Interesse der Bourgeoisie forderten sie wirtschaftliche Freiheit und die Sicherung des Privateigentums. Siehe Die Akkumulation des Kapitals. In: GW, Bd. 5, S. 9 ff.

[2] Siehe Karl Marx: Die Physiokraten, Theorien über den Mehrwert. In: MEW, Bd. 26.1, S. 12 ff.; ders.: Ergänzung zum Kapitel über die Physiokraten. In: ebenda, S. 354 ff.

[3] Siehe Karl Marx: Theorien über den Mehrwert. In: MEW, Bd. 26.1, S. 12 ff., 282 ff. und 354 ff.

[4] Pierre Lé Pesant Boisguillebert: Traite de la nature, culture, commerce et intéret des grains, Paris 1704; ders.: Dissertation sur la nature des richesses, de l’argent et des tributes où l’on découvre la fausse idée qui règne dans le monde à l’égard des ces trois articles, Paris 1707.

[5] François Quesnay: Tableau oéconomique. Remarques sur les variations de la distribition des revenus annuels d’une nation, Versailles 1758.