Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 541

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1895 gab es schon wieder eine neue Krise. Das war wiederum eine Krise, die hauptsächlich auf den Börsen, nicht infolge der Produktionsverhältnisse, sondern aus Spekulation auf die südamerikanischen Goldminen hervorgegangen ist.

(Der Beginn der Goldgewinnung datiert schon aus der Mitte der 80er Jahre.)

Ein Nachspiel war der Burenkrieg und die Eroberung der Goldgruben durch die Engländer.

Wie hoch die Spekulation damals ging, beweist, daß im Jahre …

Bei 25 Dividenden zahlenden Bergwerken betrug der Nennwert der Aktien 6,55 Mill. £, der Marktwert 38,52, Berechnung der Erhöhung in Prozent – Steigerung um 588 Prozent. Bei 133 Bergwerken, die keine Dividenden zahlten, weil sie sich noch nicht rentierten, betrugen die Aktien 27,73, der Marktwert aber 113,23, Berechnung der Erhöhung in Prozent – 409 Prozent.

Landbau Spekulationsgesellschaft und andere in Transvaal erliegen gleichfalls ihre Aktien. Ihr Nennwert betrug 15,87, ihr Marktwert 63,58 Mill. £, Steigerung 401 Prozent. Einzelne standen aber zu 600 und sogar zu 900 Prozent.

Sturz der Kurse: Am 1. Oktober 1895 betrug der Marktwert der Aktien von 146 Goldtrusts 5095 Mill. M.

Am 28. Februar 1897 betrug ihr Marktwert 1960 Mill. M.

Nach der Krise von 1895 beginnt ein allgemeiner Aufschwung. Dabei spielte die Rolle der beendete Japanisch-Chinesische Krieg,[1] der den Markt erweiterte, dann europäischer Export, dann sibirischer Eisenbahnbau,[2] der den Norden und Osten eröffnete, Handelsvertrag mit Rußland.[3]

Nach diesem Aufschwung erfolgte die Krise von 1900/01. Dann die Krise von 1907 usw. Über diese Krise haben wir genaueste Angaben von den Gewerkschaften. Bis dahin haben wir solches Material nie gehabt.

Über den Aufschwung, der 1895 begonnen hat, gibt es eine gute Broschüre von Genossen Parvus, die schon 96 oder 97 in Dresden erschienen ist. Sie heißt ungefähr: Aufschwung und Gewerkschaften.[4]

Die Statistik der Konkurse in Deutschland vom Jahre 1896–1909, in der Broschüre von Schippel: „Hochkonjunktur und Wirtschaftskrise“ [Berlin 1908]. Sind auch gute Zahlen drin.

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[1] Der Chinesisch-Japanische Krieg von August 1894 bis April 1895 wurde um die Vorherrschaft in Korea geführt und mit dem Frieden von Shimonoseki zugunsten Japans beendet. China wurde gezwungen, die Gebietsforderungen Japans anzuerkennen.

[2] Seit den 1870er Jahren gab es Planungen für einen Eisenbahnbau durch ganz Sibirien. Das Investitionsvolumen wurde anfangs auf 325 Mill. Rubel geschätzt und erhöhte sich um mehr als 1 Mill. Angesichts der russischen Staatsschulden war das Aufbringen der Summe nur durch die Aufnahme von Anleihen im Ausland, insbesonders in Frankreich und Belgien, möglich. Im März 1891 proklamierte Zar Alexander III. den Baubeginn. Von Wladiwostok im Osten und von Tscheljabinsk am Ural im Westen aus wurden die Bauarbeiten zeitgleich ausgeführt. Mit 9288 km ist die Transsib heute die längste Eisenbahnstrecke der Welt.

[3] Der am 10. Februar 1894 geschlossene und im März 1894 vom Deutschen Reichstag bestätigte Handels- und Wirtschaftsvertrag beendete den sich ab 1871 verschärfenden Zollkrieg zwischen Rußland und Deutschland. Für den Handel wurde das Prinzip der Meistbegünstigung gewährt. Die Aktiengesellschaften wurden gegenseitig anerkannt und ihnen der Status der Gerichtsbarkeit zugesichert. Ein- und Ausfuhrverbote wurden unterbunden und der Grenzverkehr gewährleistet. Zudem regelte der Vertrag den Schiffsverkehr zwischen Rußland und dem Deutschen Reich sowie die Einnahme von Gebühren für den Eisenbahnverkehr.

[4] Siehe Parvus: Die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie, Dresden 1896.