Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 535

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-7-1/seite/535

lange Wirkung aus. Noch im Jahre 1878 fallieren in England Banken ersten Ranges als Nachwirkung der Krise. 1878 entwickelt sich namentlich sehr stark die Krise in England für die Baumwollindustrie, Eisenindustrie und Kohlenbergbau. Den Höhepunkt erreicht die Krise in England 1879. Dann verbreitet sie sich bis 1880 nach und nach über Italien, Rußland, Holland, Belgien, Südamerika und Australien auf fast alle großen Industriezweige.

Das ist das Bild der Krise von 1873.

Es vergeht kein Jahrzehnt, und es kommt eine große Krise in Frankreich. Das ist die französische Krise 1882. Frankreich hat am frühesten von allen anderen wichtigen Ländern die Krise von 1873 überwunden. Es wurde nicht sehr stark von ihr berührt. Nach dem Aufrichten der bürgerlichen Republik beginnt der Aufschwung in Frankreich. 1871 Niederschlagen der Kommune,[1] Verbindung des Krieges und der Kriegsschuld. Da beginnt ein Aufschwung. Zusammen damit hier wie überall großer Gründungsschwindel an der Börse. Aktien, Bankengründungen, waghalsige Gründungen, um das neue Kapital zu verwenden.

Im Mittelpunkt steht die Gründung, die den Titel trägt: Union géneralé. An der Spitze der Gründer stand ein gewisser Bontoux. Union géneralé heißt auf Deutsch: Allgemeine Vereinigung. Die Krise wird oft auch Bontouxkrise genannt. Bontoux stand an der Spitze einer Kapitalistenreihe. Sie haben angeführt, sie wollten das gut christlich-katholische Kapital voranführen, um das jüdische Kapital aus dem Feld zu schlagen, das an allem Schuld sei. Mit dem jüdischen Kapital war die Gruppe Rothschilds gemeint.

Die Gruppe Bontoux fand auch die Protektion verschiedener Herzöge und Herzoginnen in Österreich aus dem Habsburgischen Hause. Als Ausdruck dieser Bewegung entstand in Wien die Gründung der Wiener Länderbank, die mit dem katholischen Kapital arbeitete, und für die Bontoux große Privilegien von der Regierung zu bekommen wußte. Die Tätigkeit der Union géneralé äußerte sich in zweierlei. Erstens in einer angestrengten Aktion an der Börse, um das eigene Kapital in die Höhe zu treiben. Sie kaufte eigenes Kapital an, um eine Hausse herbeizuführen. Die französische Gesetzgebung erlaubte den periodischen Ankauf eigener Aktien. Dadurch wurde eine künstliche Nachfrage nach den eigenen Wertpapieren geschaffen und die Kurse in die Höhe getrieben. Auf diese Weise lockte sie das Geld aus verschiedenen Schlupfwinkeln an, namentlich auch von dem Kleinbürgertum.

Nun galt es, dieses Kapital zu beschäftigen. Es begann ein massenhafter Gründungsschwindel, direkte Unternehmungen. Es wurden so massenhaft Unternehmungen gegründet: Gas-, Kohlenwerke, Versicherungsgesellschaften, Eisenbahnen, usw.,

Nächste Seite »



[1] Die Pariser „Blutwoche“ vom 21. bis 28. Mai 1871 führte zur konterrevolutionären Niederschlagung der Pariser Kommune, die als erster welthistorischer Versuch, eine Herrschaft der Arbeiterklasse zu errichten, am 18. März 1871 begonnen hatte. Beim brutalen Vorgehen der Regierungstruppen, verstärkt durch vorzeitig aus deutscher Kriegsgefangenschaft entlassene Truppen und begünstigt durch die im Raum Paris stationierten deutschen Armeekorps, wurden etwa 30000 Kommunarden getötet und etwa 85000 verhaftet, deportiert und zu Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen verurteilt.