Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.1, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 412

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Was ist der Unterschied zwischen Kreta und Sparta?

In Kreta war das Land, auch nach der Eroberung durch die Dorier Eigentum der Einwohner geblieben, die nur Abgaben von den Eroberten forderten.

In Sparta wurde den Heloten das Land von den Spartanern genommen und die Heloten gezwungen, dieses Land für die Spartaner zu bearbeiten. Die Heloten konnten nur dann existieren, wenn sie ihren Herrn und dadurch sich selbst ernährten. Sie wurden von der Markgenossenschaft der Spartaner im ganzen beherrscht und den einzelnen zugeteilt, wurden also wie ein Sache behandelt. Sie dienen also als Arbeitskraft auf fremdem Boden. Sie haben keinen eigenen sozialen Zusammenhalt mehr, sind eingegliedert in die Markgenossenschaft der Spartaner. Aber sie sind nicht ein aktiver Teil der Mark der Spartaner, sondern nur die Arbeitskräfte ihrer Ausbeuter. Sie haben keinen Boden mehr, der die wirtschaftliche Grundlage ihres sozialen Zusammenhangs war. Sie können nur Spartaner werden, wenn sie Kinder von Spartanern mit Helotinnen sind, und wenn sie als solche spartanisch erzogen werden; außerdem kann nur Auszeichnung im Kriegsdienst sie zu vollberechtigten Gliedern der spartanischen Mark machen. Sie sind also schon Sklaven, sie leben in einem Klassenstaat.

Wenn wir die Peruaner, Kreta und Sparta nebeneinander stellen, so müssen wir als ältere Formen die in Peru und Kreta setzen und als jüngere Form die spartanische. In Peru und Kreta sind die Eroberten noch keine Sklaven. Sie sind Markgenossen wie früher. Es herrscht dort noch keine Klassenherrschaft, keine Klassengesellschaft. Eine Klassengesellschaft ist die Gliederung von Klassen innerhalb einer Gesellschaft. In Peru und Kreta aber handelt es sich um die Ausbeutung einer Gesellschaft durch eine andere Gesellschaft.

Die Heloten aber gehören mit den Spartanern in einen sozialen Verband. Darum leben sie in einer Klassengesellschaft.

Die Sklaverei beschleunigt die Auflösung des kommunistischen Verbandes und geht Hand in Hand mit dem Aufkommen des Privateigentums. Das steht im Widerspruch zu Engels, der die Sklaverei erst nach dem Privateigentum entstehen läßt.[1]

Die Sklaverei trat natürlich auch in verschiedenen Phasen auf, je nach dem Entwicklungsgrad der betreffenden Gesellschaft.

Der erste Beginn der Sklaverei ist eine Art Fronverhältnis. Der Kommunismus wird weitergeführt, nur gewisse Abgaben müssen geleistet werden. Das wirkt zerset-

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[1] Siehe Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft („Anti-Dühring“). In: MEW, Bd. 20, S. 149 f., wo es statt dessen heißt: „Ehe also Sklaverei möglich wird, muß schon eine gewisse Stufe in der Produktion erreicht und ein gewisser Grad von Ungleichheit in der Verteilung eingetreten sein […] Die Unterjochung des Menschen zum Knechtsdienst, in allen ihren Formen, setzt beim Unterjocher die Verfügung voraus über die Arbeitsmittel, vermittelst deren allein er den Geknechteten verwenden, und bei der Sklaverei außerdem die Verfügung über die Lebensmittel, womit allein er den Sklaven am Leben erhalten kann. In allen Fällen also schon einen gewissen, den Durchschnitt überschreitenden Vermögensbesitz.“