Krisen
1815
In Eur Kontinentalsperre. 21. XI. 1806–1812/13.[1] Die ganze europ. Küste.
Unwirksamkeit durch Schmuggel. Wirkungen: Aufkommen der Baumwollindustrie in Sachsen. Hier im XVIII. Jh. 25–30000 Handspinner. Die ruinierende Konkurrenz der englischen Einfuhr erzwang hier Übergang zur Spinnmaschine. 1800 schon 2000 Jenny (Handbetrieb) in Sachsen, mehr als 150 Maschinenbauer fertigten solche an. Bis 1798 waren diese Maschinen aber hausindustriell im Kleinbetrieb angewendet. 1798 vereinigte in Chemnitz zum ersten Mal ein Verleger viele Spinnmaschinen in einem Saal. Jetzt kam bald an Stelle der Jenny (Handm.) die mit Wasser betriebene Mulemasch., die den Kleinbetrieb vernichtete. Die ersten „Spinnmühlen“ sind 1800 in S. eingeführt, eine fing mit 620, die andere mit 432 Spindeln an. W Diese Fabrikation verbreitete sich dann sehr schnell u. dank der Kontinentalsperre waren in Sachsen 1813: über 256000 Spindeln auf Baumwolle in Betrieb. Die (Hand-)Jenny war b um diese Zeit ganz verschwunden. 1813 auch letzter Ausstand von 1100 Handspinnern in Vogtland.[2]
Auch herab gedrückte Konsumkraft der kontinentalen Staaten. – 1815 in England Krach, Fabriktumulte, Maschinenzerstörungen.
1825
Nach 1815 bald Erholung u. starker Aufschwung. Kanalbauten, Straßenbahnbauten, Gaswerke zu Beleuchtungszwecken, Banken, Spekulation. Namentlich auch Südamerika. 1823 Unabhängigk. der Staaten von Süd- u. Zentralamerika (Argentinien, Brasilien, Mexiko, Columbia, Ecuador, Peru, Chile) Gold- u. Silberwerke von Mexico und Peru, (Potosi) in Bolivien (heute in Bol.) Seit 1824 wurde die Londoner Börse mit südamer. Papieren überschwemmt. 1824–25 hatten die Staaten Süd- u. Z[entral]-Am. für mehr als 20 Mill. £ Staatsanleihen in London aufgenommen. (zu 7–8 Prozent) Außerdem eine ungeheure Menge Aktien, hauptsächlich von Bergwerken, z. T. ganz phantastischen. Zk Die Aktien der Englisch-mexikanischen Comp. stiegen in einem Monat (XII 1824–I 1825) um 125 £, die des Real del Monte um 800 £, die der Verein.
[1] Mit der Kontinentalsperre hatte Napoleon am 21. November 1806 den europäischen Staaten jeglichen wirtschaftlichen Kontakt zu Großbritannien untersagt. Sie sollte Europa unter die Kontrolle der französischen Bourgeoisie bringen, scheiterte jedoch an der Überlegenheit Großbritanniens und am Widerstand der europäischen Staaten, besonders Rußlands, im Jahre 1812.
[2] Mit dem vermehrten Einsatz der 1767 in England erfundenen Spinnmaschine ab 1811 in der sächsischen Baumwollspinnerei verschwand die Handspinnerei. Damit wurde die Handarbeit durch Maschinenarbeit ersetzt. Mit der Niederlage Napoleons 1815 kam es zur Aufhebung der Kontinentalsperre und somit zu einer Überschwemmung der Märkte mit billigen englischen Fabrikwaren, da diese deutlich günstiger waren. Zugleich begann in der sächsischen Baumwollspinnerei die Industrialisierung, deren erste Phase bis ca. 1830 währte. Siehe G. Meerwein: Die Entwicklung der Chemnitzer bzw. Sächsischen Baumwollindustrie von 1789–1879, Berlin 1914.