Judenkrawalle und Massaker
Petersburg, 3. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Im Laufe der Nacht trafen neue Nachrichten von gegen die Juden gerichteten Angriffen ein. In Smolensk gelang es der energisch eingreifenden Selbstverwaltung, Ausschreitungen zu verhüten. In Rostow am Don gleichen einige Straßen Trümmerhaufen, der neue Bazar ist niedergebrannt. Die Angriffe gegen die Juden dauern fort in Mariopol und Jusowka ebenso in Kiew. Dort wurden Bomben auf die Kosaken geschleudert. In Kiew wurden gestern zwölf Personen getötet und 44 verwundet.
In Poltawa drang die Volksmenge in das Gefängnis ein, wobei 38 Personen verwundet wurden. Auch in Uman kamen Unruhen vor, die Demonstranten forderten die Freilassung der wegen politischer Vergehen Verhafteten.
Warschau, 3. November. Die Straßendemonstrationen dauerten bis in die späte Nacht. Beim Sächsischen Garten wurde das dort postierte Militär mit Revolverschüssen angegriffen, worauf dasselbe mit einer Salve antwortete. Viele Personen wurden getötet oder verwundet.
Aufruhr in Südrußland
Petersburg, 3. November. Aus Nikolajew wird gemeldet, in der Stadt herrsche offener Aufruhr. Auf den Straßen vernimmt man Gewehrfeuer. Zahlreiche Tote und Verwundete liegen herum. Über 200 Bomben wurden geworfen, wodurch ebenfalls zahlreiche Personen ums Leben kamen oder gräßlich verstümmelt wurden. Der Anblick der Stadt ist ein trostloser.
Aufruhr in der ganzen Provinz
Petersburg, 2. November. Die letzten Telegramme aus der Provinz berichten von mehr oder weniger ernsten Ruhestörungen am heutigen und gestrigen Tage. In vielen Städten kam es zum Einschreiten des Militärs, wobei es Tote und Verwundete gab, so vornehmlich in Kaluga, Grodno, Rybinsk, Twer, Minsk, Kurgan, Bialystok, Baku und Sewastopol. In einigen Städten ereigneten sich auch Zusammenstöße zwischen Angehörigen verschiedener politischer Parteien. Andere Telegramme berichten die Fortdauer der gegen die Juden gerichteten Unruhen, so in Rjeshin, Witebsk, Romny, Kiew, Wilna, Elisabethgrad und namentlich Odessa, wo unter der großen Zahl der Verwundeten verkleidete Polizisten erkannt wurden.
Der Leichenzug der zaristischen „Verfassung“
Reval, 2. November. (Meldung der „Petersburger Telegraphen-Agentur“.) Eine Menge von ungefähr 30000 Personen hielt sich heute mehrere Stunden lang an der Stelle auf,