Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 3, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2003, S. 104

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vorständen der Fortschrittspartei mitgeteilt werden, woraus sich ja von selbst ergab, daß die Kreisvorstände meist die empfangene Parole ebenso „vertraulich“ weiterbehandeln und im eignen verschwiegenen Busen bewahren würden. Als Äquivalent für die von den Fortschrittlern abgelehnte klipp und klare Parole wurde die Losung erfunden: Es darf die alte blau-schwarze Mehrheit nicht wiedergewählt werden. Diese Zauberformel, die sogar der „Vorwärts“ in seiner Nummer vom 22. Januar eine „ziemlich unzweideutige“ nennt, sollte die politische Tugend der fortschrittlichen Wähler ausreichend garantieren. Und damit ist auch buchstäblich alles erschöpft, was uns die Fortschrittler boten.

Dagegen hat sich der Parteivorstand im Namen der Sozialdemokratie verpflichtet, gemäß dem Jenaer Parteitagsbeschluß die Fortschrittler in allen Wahlkreisen, wo sie mit der Reaktion in Stichwahl standen, zu unterstützen. Auch dabei ist den fortschrittlichen Kandidaten sogar der Zwang erspart worden, sich auf die Bedingungen unsrer Partei ausdrücklich zu verpflichten. Es sollte als ausreichend die Erklärung betrachtet werden, daß die Bedingungen des Jenaer Beschlusses dem Programm der Fortschrittlichen Volkspartei entsprechen und daß der Kandidat das Programm seiner Partei anerkenne. Daß das offizielle Programm der Fortschrittspartei die in Jena formulierten Bedingungen umfaßt, ja in manchem bedeutend weitergeht, das war eigentlich für unsre Partei keine ganz neue Entdeckung, und würde es nur auf den Wortlaut von liberalen Parteiprogrammen ankommen, dann konnten wir uns in Jena die Mühe sparen, unsre Stichwahlbedingungen zu formulieren. Wenn wir das taten, so war es aus dem wohlerwogenen Grunde, daß für die liberalen Politiker ihr eignes Programm eben nichts andres als ein unverbindlicher Wisch Papier geworden ist. Deshalb wollten wir, ohne uns auf die magische Wirkung der liberalen Programme zu verlassen, bindende Erklärungen, persön­liche Verpflichtungen uns gegenüber erreichen, und deshalb sind auch die Bedingungen so unendlich bescheiden ausgefallen, daß sie sogar bedeutend hinter dem fortschrittlichen Programm zurückblieben. Das war der klare Sinn und Zweck des Jenaer Beschlusses. Aber seine Einhaltung hätte womöglich die Fortschrittler wieder vor ihrer reaktionären Kundschaft in ein schiefes Licht bringen können. Wie dem auch sei, die persönliche Verpflichtung jedes Kandidaten uns gegenüber ist ihnen erlassen und in die nichtssagende Phrase vom fortschrittlichen Programm verwandelt worden.

Allerdings, einen großen Triumph hat unsre Partei bei alledem erlebt: Zum ersten Mal war es gelungen, die Fortschrittspartei, deren Statut aus-

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