Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie
[1]Es gehört zu den stehenden altehrwürdigen Wahrheiten, daß die sozialdemokratische Bewegung der zurückgebliebenen Länder von der älteren Bewegung der vorgeschritteneren Länder lernen müsse. Wir wagen, diesem Satze den entgegengesetzten hinzuzufügen: Die älteren und voranschreitenden sozialdemokratischen Parteien können und sollen ebensogut aus der näheren Bekanntschaft mit ihren jüngeren Bruderparteien lernen. Ebenso wie für den marxistischen Ökonomen – im Unterschied von dem bürgerlichen Klassiker und erst recht von dem Vulgärökonomen – alle der kapitalistischen Wirtschaftsordnung vorangegangenen ökonomischen Stadien nicht einfach bloße Formen der „Unentwickeltheit“ im Hinblick auf die Krone der Schöpfung – den Kapitalismus – sind, sondern historisch gleichberechtigte verschiedene Typen der Wirtschaft, ebenso sind für den marxistischen Politiker die verschieden entwickelten sozialistischen Bewegungen bestimmte historische Individuen für sich. Und je mehr wir dieselben Grundzüge der Sozialdemokratie in der ganzen Mannigfaltigkeit ihres verschiedenen sozialen Milieus kennenlernen, um so mehr kommt uns das Wesentliche, das Grundlegende, das Prinzipielle der sozialdemokratischen Bewegung zum Bewußtsein, um so mehr tritt die durch jeden Lokalismus bedingte Borniertheit des Gesichtskreises zurück. Nicht umsonst vibriert in dem revolutionären Marxismus die internationale Note so stark, nicht umsonst klingt der opportunistische Gedankengang stets in
[1] Die vorliegende Arbeit geht von russischen Verhältnissen aus, aber die Organisationsfragen, die sie behandelt, sind wichtig auch für die deutsche Sozialdemokratie, nicht bloß wegen der großen internationalen Bedeutung, die heute unsere russische Bruderpartei erlangt hat, sondern auch weil ähnliche Probleme der Organisation zur Zeit unsere eigene Partei aufs lebhafteste beschäftigen. Wir teilen daher diesen Artikel aus der „Iskra“ unseren Lesern mit. Die Red.