Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 628

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sie sich selbst „die Unverschämten“, im Gegensatz zu den sogenannten gemäßigten Freihändlern des Südens. Und das sind sie bis heute geblieben. Unverschämt als Freihändler und unverschämt als Schutzzöllner, unverschämt als Regierungsstützen und unverschämt als Kanalrebellen[1], allezeit und in jedem Reaktionswerk die klassischen Vertreter des feudalen Schmarotzertums.

Die „Unverschämten“ gehen nun wieder an die Arbeit; die Erneuerung der Handelsverträge steht bevor, und ein neuer schutzzöllnerischer Ansturm soll vorbereitet werden. Es ist Zeit, daß auch die sozialen Gegenfüßler der Parasitenkaste, die Arbeiter, zur Abwehr rüsten. Die Agrarier sollen zu fühlen bekommen, welchen „Geist der Liebe und Sinn für die Autorität“ sie durch ihre 25jährige wirtschaftliche Politik „im Volke wachgerufen“ haben.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 276 vom 29. November 1899.

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[1] Mitte März 1899 war im preußischen Landtag von der Regierung, unterstützt von den Liberalen sowie von Industrie- und Militärkreisen, eine Vorlage zum Bau eines Verbindungskanals zwischen Rhein, Ems, Weser und Elbe eingebracht, von ostelbischen Agrariern im August 1899 aber zu Fall gebracht worden, da sie ein Sinken der Getreidepreise infolge billiger Einfuhrmöglichkeiten und die Abwanderung der Landbevölkerung in die Industriezentren befürchteten und gleichzeitig auf die Zollpolitik Druck ausüben wollten.