Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 277

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Engels nach dem Rezept von Heine verfahren, so hätte er für die Bewilligung der Dampfersubvention irgendeine Konzession auf anderem Gebiete, sagen wir zum Beispiel die Aufhebung des Belagerungszustandes über Berlin, verlangt. Dann wäre der Vorschlag wenigstens der Absicht nach – wie der Heinesche – ein praktisches Tauschgeschäft, er wäre dann aber auch zweifellos – wie der Heinesche – eine Prinzipienverletzung, wenn nicht vom Standpunkte des zu bewilligenden Objektes, so doch vom Standpunkte der allgemeinen Grundsätze des parlamentarischen Kampfes der Sozialdemokratie. Und wollte Heine, umgekehrt, nach dem Vorbilde von Engels verfahren, so müßte er ebenfalls den Spieß umdrehen und für die Bewilligung von Kanonen, von Machtmitteln des Staates gegen die Arbeiterklasse, die Bewilligung der Verteidigungsmittel an die Arbeiterklasse, das heißt die Bewaffnung des Volkes verlangen. Die „Kompensationspolitik“ wäre dadurch bloß auf eine Forderung der Volksmiliz, wie sie unsere Fraktion auch immer stellt, hinausgelaufen, das heißt, sie wäre das, was sie bei Engels ist: bloß eine agitatorisch wirksame Form der Ablehnung der Regierungsforderungen. Allerdings wäre damit die ganze „praktische Politik“ Heines verlorengegangen, sie hätte sich aber dann aus einem bürgerlichen Kuhhandel in eine Agitation für sozialdemokratische Prinzipien verwandelt.

Auer wollte die Heinesche Auffassung vom parlamentarischen Kampfe durch das Zeugnis von Engels unterstützen. Was er aber durch diese Zusammenstellung erzielt hat, ist nur die noch stärkere Hervorhebung des doppelten Prinzipienbruches, der in der Heineschen Kompensationspolitik liegt. Er hat ferner bewiesen, daß er selbst – indem er Dampfersubvention und Kanonen auf gleiche Linie stellt – Zweckmäßigkeitsfragen von Prinzipienfragen und – indem er die Engelssche Kompensation mit der Heineschen identifiziert – eine Ablehnung von Regierungsforderungen von deren Bewilligung und einen parlamentarischen Kuhhandel von parlamentarischer Agitation nicht unterscheidet. Findet er obendrein, daß man unzurechnungsfähig sein muß, um diese elementaren Grundsätze des parlamentarischen Kampfes zu unterscheiden, so ist das bei einem Leiter der Fraktion zum mindesten befremdend.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 278 vom 1. Dezember 1898.

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